Randnotiz aus Tokio (Teil 3): Paralympische Spiele sind ein besonderes Sportereignis
Bogensport Magazin
Von Andreas Lorenz |
Als „Mann vor Ort“ wirft Andreas Lorenz für das BSM einen Blick hinter die Kulissen
Nun bin ich das zweite Mal binnen weniger Wochen in Tokyo. Nach den Olympischen Sommerspielen folgen die Paralympischen Sommerspiele. Heute war die Eröffnungsfeier.
Logischerweise gibt es Synergien, dennoch sind die Paralympics verschieden. Jeder Bezug zu den Olympischen Ringen ist in den Transitions-Wochen gelöscht worden. Denn das Markenzeichen der Paralympics sind die „Agitos“. Nicht nur das, auch das Logo von Tokyo 2020 ist unterschiedlich – und irgendwie doch gleich. Denn sowohl im Olympischen wie auch im Paralympischen Logo sind die gleiche Anzahl an Rechtecken vertreten, nur in einer unterschiedlichen Bildfolge, aber dennoch in einem kreisförmigen Gebilde. Den Athleten hier schert es wenig: ob als Paralympische Athleten und nicht als olympische Athleten betrachtet. Sie sind alle hier um Gold zu holen.
Wichtig ist, wir (die Organisatoren) führen alles gleich durch und halten dieselben Abläufe ein, wie bei den Olympischen Spielen. Die Arbeitsabläufe der vergangenen Wochen fühlen sich gewohnt an, trotz meiner zwischenzeitlichen Abwesenheit. Meine Kollegen blieben alle in Japan, ich habe trotz Covid-Beschränkungen beschlossen, zweieinhalb Wochen heim zu fahren. Aber als ich wieder auf dem Sportgelände ankam, war es, als ob ich nicht weg gewesen wäre – mit Ausnahme der „Agitos“, die die Olympischen Ringen ersetzt haben: Sie sind nun überall sichtbar und erinnern mich daran, dass ich bei den Paralympics bin.
Einen Unterschied merke ich. Die Athleten – die meisten – haben ein Funkeln in den Augen, man merkt denen an, dass sie dieses Event genießen, dass sie die Bemühungen aller Mitarbeiter und Volontäre schätzen und dass sie bereit sind, ihr Bestes zu geben.
Ich spreche mit vielen von Ihnen: Alle haben ihre Geschichten, die meisten erzählen sie gerne. Wer 2015 in Donaueschingen bei der PARA-Weltmeisterschaft als Zuschauer dabei war oder in denen Tagen die Tageszeitung gelesen hat, weiß, dass es einen armlosen Schützen aus den USA gibt, Matt Stutzman. Sie lesen richtig, armlos und Bogenschütze!!
Heute habe ich mit ihm gesprochen und er sagte mir: „Andreas, weißt du, dass es ein Novum bei diesen Paralympics gibt?“ Ich habe ihn gefragt „welches?“. “Wir sind zwei armlose Schützen, ich mache Schule, ich gebe anderen Perspektiven, Ziele!“. Wie wahr! Die Paralympics sollen uns allen zeigen, was Menschen imstande sind zu erreichen, mit ihrem Willen und mit der Hilfe und Unterstützung ihrer Lieben, der Gemeinschaft, des Sports.
Es stehen Schützen aus Afghanistan und Irak nebeneinander, Ukraine und RPC (Russisches Paralympisches Komitee, da man nicht Russland sagen darf!!!), China und Taipeh,… und unzählige andere Staaten, die politisch auseinandergedriftet sind. Hier sind sie alle wieder vereint unter dem Dach des Sports.
Das sind meine fünften Olympischen Spiele und die Paralympics sind etwas Besonderes, vor allem wegen der Menschen, die daran teilnehmen!
Der Olympische Gedanke lebt.
Sport ist Leben. Sport ist Gemeinschaft. Sport ist Inklusion.