09.10.2023

Dr. Spot: Fragen an das BSM-Experten-Team

Nach dem Motto „Sie fragen – wir antworten“ veröffentlicht das BSM regelmäßig hilfreiche Tipps rund ums Bogenschießen. Wenn Sie ebenfalls mal Rat & Hilfe unseres Experten-Teams benötigen, lassen Sie es uns gerne wissen: dr.spot@bogensport.de. Im Folgenden lesen Sie Fragen und Antworten aus unserer Ausgabe 4/2023.

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Frage an das Experten-Team:

„Weshalb richten einige/viele Top-Bogenschützinnen (z.B. An San, Penny Healey) vor/in der „Zugposition“ ihren Bogen/Pfeil gen Himmel? So wie Penny Healey auf dem Titelblatt der Ausgabe Juni/Juli 2023. Ich beobachte diese „Zugposition“ nur bei den Damen, nicht bei den Herren, weshalb? Auch konnte ich in der Literatur bisher keinen Grund für diese Zugposition gen Himmel finden.“

Antwort von Günter Kuhr:

Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass die Technikausführung mit dem extrem hoch ausgerichteten Bogen in der „Vorspannposition“ (mit entsprechender Vorspannung) nach der DSB-Sportordnung in Deutschland nicht regelkonform ist, hingegen verstößt diese Technikvariante nicht gegen das internationale Regelwerk. Daher ist diese Technikausführung gelegentlich bei Athletinnen und Athleten anderer Nationen zu sehen. Im Hinblick auf die Schießtechnik kann eine erhöhte Position des Bogens in der Vorspannposition genutzt werden, um die Bogenschulter in einer tiefen Position zu halten. Dazu ein kurzer Ausflug in die Biomechanik: Wenn nach dem Erreichen der Vorspannposition das Laden (Auszug des Bogens) erfolgt, wirken die sich aufbauenden Kräfte bei erhöhter Position des Bogens/Bogenhand über den Bogenarm von oben herab auf die Bogenschulter und unterstützen so eine tiefe Position der Schulter. Die Technik entlastet während des Ladens die beteiligten Muskelgruppen, die am Tiefhalten der Bogenschulter mitwirken. Kinder, Jugendliche und Frauen, die im Vergleich zu Männern über weniger Muskelmasse verfügen, profitieren im besonderen Maße von dieser Technik der erhöhten Position des Bogens in der Vorspannposition. Aber auch Männer mit höheren Zuggewichten können diesen Effekt nutzen. Letztlich ist dafür diese zum Teil extrem hohe Position des Bogens in der Vorspannposition nicht erforderlich, sondern eher der Individualität in der Technikausführung zuzuordnen. Um diese Kräfte zur Unterstützung einer tiefen Bogenschulter zu nutzen, genügt es, die Bogen- und Zughand parallel anzuheben, so dass sie in der Vorspannposition etwa auf Augenhöhe stehen. Beim Einleiten des Ladens entsteht der gewünschte Effekt, bei dem die zunehmenden Kräfte den Bogenarm von oben herab drücken und die tiefe Position der Bogenschulter unterstützen.

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Frage an das Experten-Team:

„Mich würde interessieren, wie hoch in Deutschland der Bogen gehalten werden darf. Was wäre gemäß der DSB-Sportordnung regelkonform?

Antwort von Sabrina Steffens:

Die Sportordnung sagt Folgendes: „Ein Schütze, der beim Ausziehen des Bogens eine Technik verwendet, durch die nach Ansicht der Kampfrichter ein unbeabsichtigt ausgelöster Pfeil über die Sicherheitszone oder die Sicherheitsvorkehrungen hinausfliegen kann, und der diese Technik nach einem entsprechenden Hinweis eines Kampfrichters trotzdem weiter anwendet, ist sofort zu disqualifizieren.“

Anhand von Fotos kann man nicht eindeutig feststellen, ob es sich um einen sogenannten „High Draw/Hohen Auszug“ handelt. Man muss den gesamten Auszug ansehen, um beurteilen zu können, ob der Schütze wirklich zu hoch auszieht, denn maßgebend ist nicht die Position des Bogens, sondern an welchem Punkt der Schütze anfängt, die Sehne auszuziehen und wann er im Vollauszug steht. Wenn wir das Titelbild des BSM Ausgabe Juni/Juli 2023 betrachten, hebt diese Schützin zwar den Bogen sehr hoch, hat aber noch gar nicht mit ihrem Auszug angefangen. Würde sie also die Sehne jetzt loslassen und so den Pfeil lösen, würde dieser höchstens ein paar Meter vor ihr auf den Boden fallen, was keinerlei Gefahr darstellt. Auch auf der Weltmeisterschaft in Berlin wurden Fotos von einer Recurve-Schützin gemacht und veröffentlicht, die ihren Bogen sehr weit in Richtung Himmel hält, jedoch ohne die Sehne auszuziehen. Beim Recurvebogen entfaltet sich die volle Wurfkraft erst im Vollauszug; das ist der Moment, in dem der Pfeil nach dem Lösen am weitesten fliegen würde. Würde also die Schützin auf dem Foto in dieser Position im Vollauszug oder fast im Vollauszug stehen, wäre dies sicherlich ein High Draw, so jedoch nicht. Beim Compoundbogen sieht es etwas anders aus. Hier ist bereits bei weniger Auszug ausreichend Wurfkraft vorhanden, um den Pfeil weit nach vorne zu schießen, da es sich beim Compound ja um ein Flaschenzugsystem handelt. Die Sportordnung beruft sich auf die „Ansicht der Kampfrichter“. Eine derartige Entscheidung trifft nie ein Kampfrichter allein. Wenn ein Kampfrichter der Ansicht ist, dass ein Schütze den Bogen zu hoch auszieht, zieht er einen Kampfrichter hinzu und anschließend noch den Leitenden Kampfrichter. Dann erst wird die Entscheidung getroffen. Wenn jedoch ein Schütze derart entsprechend wurde, muss er diese Technik sofort ändern, ansonsten wird er vom Wettkampf ausgeschlossen, da dies ein Sicherheitsrisiko darstellt.

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Frage an das Experten-Team:

„Ich suche ein ideales Fernglas, insbesondere für die Freiluftsaison. Welche Vergrößerung nutzen die Profis?“

Antwort von Maximilian Weckmüller:

Ferngläser sind ein ganz eigenes Thema, da kommt es sehr auf die Verwendung an. Wenn es auch um Feld- und 3D-Schießen geht, würde ich immer eine etwas höhere Vergrößerung wie 12-fach oder sogar 15-fach empfehlen. Die Grenze ist dabei das ruhige Halten. Wenn man die Möglichkeit hat, das Fernglas am oberen Wurfarm oder Cam abzulegen, geht 12-fach oder sogar 15-fach gut. Allerdings, wenn man es mit einer Hand ohne Auflegen benutzen muss, spürt man eher sogar Nachteile gegenüber einem 10-fach-Glas. Von einer 18-fachen Vergrößerung würde ich persönlich abraten, da die minimalen Vorteile den Preis nicht rechtfertigen und man ein eher wackliges Bild hat.

Was die Öffnung vorne betrifft kommt es ebenfalls auf die Verwendung an: Bei sonnigen Momenten reicht ein „10 x 42“ locker aus, im Wald oder in der Dämmerung ist dann das hellere Bild des „10 x 50“ ein Gewinn. Für normale WA-Runden habe ich bisher nur 10-fach und 12-fach benutzt, das reicht auf jeden Fall. Mittlerweile benutze ich aber lieber ein Spektiv als ein Fernglas.

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Frage an das Experten-Team:

„In meinem Verein habe ich gelernt, dass ich bei meinem Recurvebogen die Sehne am besten mit einer Spannschnur aufsetze. Mein Trainer sagte, dass sich sonst die Wurfarme beziehen können. Bei der Weltmeisterschaft in Berlin habe ich gesehen, dass dort auch Bögen ohne Spannschnur gespannt werden. Ist der Hinweis meines Trainers falsch?“

Antwort von Felix Wieser:

Das Aufspannen mit einer Spannschnur ist die sicherste, einfachste und schonendste Art für den Bogen. Es besteht so gut wie keine Gefahr, dass die Wurfarme beim Spannen aus der Wurfarmtasche rutschen und jemanden verletzten. Auch ist es mit Abstand die einfachste Methode und so gut wie jeder kann jeden Bogen spannen. Somit ist es auch für Anfänger leichter zu lernen. Hinzu kommt, dass bei dieser Technik kein Verdrehen der Wurfarme vorkommt, wodurch diese nicht krumm werden können. Der Hinweis Deines Trainers ist somit definitiv nicht falsch. Warum viele Profis dennoch keine Spannschnur verwenden liegt daran, dass es deutlich unkomplizierter und schneller ohne geht. Wenn man weiß, worauf man achten muss, kann auch der Wurfarm nicht rausrutschen oder sich verdrehen. Dann dauert das Aufspannen ca. 5sek und man kann weitermachen mit dem Aufbauen/Aufwärmen. Ich hoffe ich konnte Dir helfen und wenn Du oder Deine Freunde weitere Fragen habt, könnt ihr euch gerne jederzeit an Dr. Spot wenden. Sicher haben andere die gleichen Probleme.