Die Auswahl der Wettkampfpfeile
Bogensport Magazin
Von Günter Kuhr
Leseprobe aus dem BOGENSPORT MAGAZIN 3/2024
Der Pfeil Nummer 21 aus dem Köcher von Leon Zemella gab den Impuls, diesen Artikel über die Auswahl der Wettkampfpfeile zu schreiben. Leon bereitete sich auf den Europäischen Youth Cup in Sofia vor. Beim Ausschießen der Pfeile bildete der Pfeil mit der Nummer 21 eine dichte Gruppe, die allerdings links-tief im Bereich des blauen Ringbereiches lag. Diese stetige Tieflage war so markant, dass es nicht zu übersehen war, dass mit diesem Pfeil etwas nicht stimmt. Leon drehte die Nocke im Schaft und schoss den Pfeil erneut. Doch der Pfeil wanderte danach rechts-hoch in den blauen Ringbereich. Also sortierte Leon den Pfeil aus. Doch hätte der Pfeil tendenziell nicht den blauen, sondern den roten Ringbereich getroffen, wäre es nicht so auffällig gewesen. Im Wettkampf hätte der Pfeil dann tendenziell das Ergebnis jeder Passe um zwei bis drei Ringe reduziert. Kommt dann noch ein weiterer Pfeil hinzu, der mit seiner Trefferlage die Ringzahl reduziert, wirkt sich das nicht gut auf das Wettkampfergebnis aus. Eine Möglichkeit, das Ausreißen einzelner Pfeile sichtbar zu machen, ist das Ausschießen der Pfeile auf die Wettkampfdistanz. Du wirst feststellen, dass einige Pfeile tendenziell höhere Ergebnisse liefern. Diese Pfeile wählst du für den Wettkampf aus.
Das Ausschießen der Pfeile im Detail
Jeder Pfeil erhält eine Nummer, und beim Ausschießen auf die Wettkampfdistanz werden die Pfeile in einer zufälligen Reihenfolge geschossen. Für die Treffererfassung nutzt du den Vordruck für die Pfeilanalyse, den du in der Abbildung 1 siehst. Hier können bis zu zwölf Pfeile erfasst werden. Du siehst auf dem Vordruck die Erfassungsfelder, die jeweils für einen Pfeil gelten. Zunächst notierst du in dem Feld die Nummern der Pfeile, die du an dem Tag ausschießen möchtest. Während des Ausschießens werden in den Erfassungsfeldern jeweils Ringzahlen notiert. Zudem wird die Trefferlage des Pfeils in der grafisch abgebildeten Auflage markiert. Zügig geht die Erfassung an der Scheibe, wenn du einen Partner hinzuziehst, der nur Einträge auf dem Vordruck vornimmt.
Bei diesem Vordruck für die Pfeilanalyse wird jeder Pfeil sechs Mal geschossen und anschließend ausgewertet. Die Aussagekraft des Tests wird selbstverständlich noch präziser, wenn du vorbereitend auf einen Wettkampf die Analyse häufiger wiederholst. Du kannst die Analyse der Pfeile also immer wieder mal in das Training einbauen.
Hinweis: Ist das Ergebnis eines Pfeils wegen eines technisch deutlich unsauberen Schusses herabgesetzt, könntest du für die Erfassung in der Analyse diesen Pfeil zum Abschluss noch einmal schießen, da er andernfalls das Ergebnis verzerrt.
Auswertung der Pfeilanalyse
Die Abbildung 1 zeigt, dass die Pfeile mit den Nummern 9 und 11 mit jeweils 57 Ringen das beste Ergebnis erzielen konnten. Gute Ergebnisse lieferten auch die Pfeile Nummer 6, 8 und 12 mit jeweils 56 Ringen. Der Pfeil Nummer 4 brachte 55 Ringe. Diese sechs Pfeile wären nach dem ersten Ausschießen die Favoriten für den Wettkampf. Als Ersatzpfeile kommen die Nummern 1 und 7 in Betracht, die jeweils 54 Ringe brachten.
Der Pfeil Nummer 3 bildete eine recht gute Gruppe, die allerdings hoch-rechts liegt und daher nur 49 Ringe brachte. Hier lohnt es sich, die Nocke gegebenenfalls mehrfach zu verdrehen und dann jeweils zu prüfen, ob die Gruppe in Richtung des Goldes wandert.
Pfeile, die tendenziell schlechtere Ergebnisse liefern, sind ideale Pfeile für Trainingsabschnitte, bei dem das Schießergebnis nicht im Vordergrund steht.
Fazit
Leon Zemella wählte nach der Pfeilanalyse die Pfeile mit den besten Ergebnissen aus und ging damit im April auf die Schießlinie des Europäischen Youth Cups. Er hatte damit nicht nur seine besten Pfeile im Köcher, sondern auch einen mentalen Vorteil, weil er schon vor dem Wettkampf wusste, dass er sein bestes Material einsetzen wird. Letztlich bleibt das Ausschießen der Pfeile nur ein Eckstein der Materialabstimmung. Beim Europäischen Youth Cup in Sofia zahlte sich die Arbeit für Leon aus. In seinem ersten U21-Jahr beendete er die Qualifikationsrunde auf Rang zwei mit 661 Ringen. Zusammen mit Bastian Gropp und Phil Lüttmerding stellte er einen neuen U21-Europarekord in der Teamwertung auf (1975 Ringe), und dieses Team konnte sich zum Ende die Silbermedaille auf europäischen Boden sichern.
Vordruck im Download
Der Vordruck für die Pfeilanalyse steht unter diesem Link als PDF-Dokument zum Download bereit.